Schule / Erziehung

Sprechen & Sprache
Viele AS-Betroffene scheinen ein großes Sprachverständnis zu haben, sind aber in ihrem sprachlichen Ausdruck erheblich eingeschränkt.
Das bedeutet, dass sie viel mehr verstehen, als sie selbst ausdrücken können. Die nonverbalen Sprachfähigkeiten von Menschen mit AS sind sehr unterschiedlich. Allen gemeinsam ist jedoch, dass Menschen mit AS einen komplexen Kommunikationsbedarf haben. Deshalb muss der Unterricht so auf sie zugeschnitten sein, dass sie Zugang zu Hilfsmitteln mit symbolischer Kommunikation erhalten, z.B. Symboldisplays, Sprachausgabegeräte oder Bildtafeln. Gleichzeitig sollte die nicht-symbolische Kommunikation, d. h. die Verwendung von Körpersprache und natürlichen Gesten, respektiert und gefördert werden. Je nachdem, welches Medium am ansprechendsten ist, sollte es so intensiv wie möglich in den Alltag integriert werden. Der Erwerb von Kommunikationsfähigkeiten ist eine Notwendigkeit für die Selbstbestimmung mit zunehmendem Alter und geistiger Entwicklung. Vor allem bei Jugendlichen wird der Stress durch fehlende Kommunikationsfähigkeiten noch verstärkt.
Kommunikationsprobleme können sonst zu herausforderndem Verhalten führen. AS-Betroffene reagieren in der Regel aggressiv und autoaggressiv, wenn sie etwas fordern (z. B. sozialen Kontakt oder einen greifbaren Gegenstand) oder wenn sie aus einer für sie unangenehmen Situation herauskommen wollen. Manche greifen zu aggressivem Verhalten, um sich gegen Forderungen zu wehren oder weil sie sich unwohl fühlen oder Schmerzen haben.
Es ist wichtig, solche Verhaltensweisen aus ihrer Sicht zu betrachten, um zu verstehen, was sie damit erreichen oder vermitteln wollen. Einige Engel brauchen Unterstützung in Form einer funktionellen Verhaltenstherapie.
Kognition
Das Angelman-Syndrom geht mit signifikanten Lernschwierigkeiten einher.
Die kognitiven Beeinträchtigungen beim AS können unter anderem mit Problemen der Gedächtnisbildung zusammenhängen. Es sollte darauf geachtet werden, dass Betroffene mit AS Erlebnisse erhalten, die viele Sinne ansprechen. Durch die starke sensorische Stimulation wird eine stärkere Gedächtnisbildung unterstützt. Viele AS-Betroffene bevorzugen praktische Lernerfahrungen, d. h. sie müssen die Unterrichtsmaterialien anfassen bzw. schmecken können. Dass AS-Betroffene diesen stärkeren sensorischen Input benötigen, ist an Verhaltensweisen wie Lutschen oder Kauen, unaufhörlichen Bewegungen und einer Faszination von Materialien zu erkennen, die einen starken Sinnesreiz vermitteln, wie beispielsweise Wasser.

AS-Betroffene lernen kontinuierlich dazu, benötigen aber häufige Wiederholungen. Lernerfahrungen mit einer starken emotionalen Komponente unterstützen zudem den Lernerfolg. Für soziale Interaktionen haben sie nämlich ein gutes Gedächtnis.
Da sich Betroffene mit AS leicht ablenken lassen, treten zusätzlich Aufmerksamkeitsprobleme auf, die ebenfalls hinderlich für den Lernerfolg sind. Unser Kurzzeitgedächtnis wird ständig mit allen möglichen Reizen überflutet. Vielen Betroffenen mit AS fällt es sehr schwer, allzu viele Sinnesreize auszublenden. Die Schüler zeigen oft die größte Aufmerksamkeit bei Aktivitäten, die für sie sinnvoll sind und die ihnen Spaß machen. Es ist vielleicht hilfreich, zu beobachten, was sie beachten, und sich dann zu überlegen, welche Eigenschaften oder Merkmale ihre Aufmerksamkeit fesseln. Solche Eigenschaften kann man dann strategisch nutzen, um die Aufmerksamkeit der Betroffenen mit AS zu bekommen und zu behalten. Oder man meidet sie, um potenzielle Ablenkungen zu reduzieren. Die kognitiven Schwierigkeiten können auch durch die starken Kommunikationsbeeinträchtigungen kommen sowie durch die Störungen im Muskeltonus, wodurch die Bewegungsplanung und -steuerung beeinträchtigt wird.
Schule & Kindergarten
Der Unterricht für Kinder mit AS muss sorgfältig geplant und gestaltet werden.
Dem AS-Kind sollte die gesamte Palette an möglichen „Bereicherungsprogrammen“ zugänglich gemacht werden, insbesondere in Form diverser Therapien und konsequenten Trainings. Extrem aktive und hypermotorische AS-Kinder bedürfen in Klassenzimmern besonderer Aufmerksamkeit. Zusätzliche Lehrkräfte sowie Schulbegleiter oder Integrationshelfer sollten zur Verfügung stehen, damit allen Kindern genug Zuwendung entgegengebracht werden kann. AS-Kinder brauchen in der Regel viel Platz, um sich auszudrücken und mit ihrer hypermotorischen Aktivität fertig zu werden. Das Klassenzimmer darf weder in der räumlichen Struktur, noch in der des Lehrplanes so konzipiert sein, dass das aktive AS-Kind sich nicht anpassen kann. Individualität und Flexibilität sind von besonderer Bedeutung.

Bezüglich der Wahl des Kindergartens und der Schule sind unbedingt die Rahmenbedingungen zu prüfen. So ist z.B. die Gruppengröße der Integrationsgruppen in Kindergärten oder in heilpädagogischen Kindergärten deutlich kleiner als in Regelgruppen. Ebenso verhält es sich bei Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt. In integrativen Einrichtungen und heilpädagogischen Tagesstätten werden die erforderlichen Therapien in der Regel während der Anwesenheit des Kindes durch die entsprechenden Fachkräfte abgedeckt. Für manche AS-Kinder können technische Hilfsmittel zur Erleichterung des Unterrichts erforderlich sein (wie z.B. spezielle verstellbare (Hoch-) Stühle, einen angepassten Rollstuhl, spezielle Kommunikationsgeräte usw.)
Affekt
Menschen mit AS werden im Allgemeinen als fröhlich beschrieben. Sie neigen dazu, überschwänglich zu sein. Viele sind übermütig und sehr gesellig. Sie setzen Lächeln und Lachen oft als Strategie ein, um die Aufmerksamkeit anderer zu erhalten oder um Erwachsene davon abzuhalten, Forderungen an sie zu stellen.
Viele drücken mit ihrem Lachen alle möglichen Gefühle aus, darunter Schüchternheit, Angst, Unbehagen und Schmerz. Da sie über ein begrenztes Repertoire an Kommunikationsfähigkeiten verfügen und motorische Reaktionen nicht immer einfach sind, drücken sie viele komplexe Emotionen mit Lächeln und Lachen aus. Diese Strategie ist sehr wirkungsvoll.

Geschwister
Eltern haben festgestellt, dass es am besten ist, Fragen offen und ehrlich zu beantworten.
Die Geschwister von AS-Kindern kommen am besten mit der Behinderung ihrer Schwester/ihres Bruders zurecht, wenn ein ständiger Kommunikationsfluss besteht und ihre Fragen offen und ehrlich beantwortet werden. Ausführliche Erklärungen sind anfangs nicht nötig: Einzelne Fragen ergeben sich mit der Zeit von selbst und können altersgerecht beantwortet werden. Sobald das Kind begreift, dass seine Schwester/ sein Bruder beeinträchtigt ist, lernt es, dies zu akzeptieren und damit umzugehen.

Es ist für alle Eltern schwierig, so viel Zeit mit ihren gesunden Kindern zu verbringen, wie sie es gerne möchten. Die Kinder werden eifersüchtig und fühlen sich vernachlässigt, wenn die Eltern mehr Zeit mit ihrer Schwester/ihrem Bruder verbringen. Manchmal verlangen sie zusätzliche Aufmerksamkeit, auch wenn sie die Situation verstehen. Viele Eltern sind zu dem Schluss gekommen, dass es ratsam ist, die Geschwister im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Betreuung der AS-Kinder zu beteiligen. Es ist jedoch sehr wichtig, dass sich die Verantwortung des Kindes für die behinderte Schwester/den behinderten Bruder in einem vernünftigen Rahmen hält. Ein Kind, das viele zeitaufwendige Aufgaben zu erledigen hat, könnte sich später darüber ärgern, dass es andere Kindheitserlebnisse verpasst hat, oder es könnte Reue empfinden, wenn es spielt und Spaß hat, obwohl es eigentlich zu Hause gebraucht wird. Es ist wichtig, dass Eltern sich solcher Gefühle bewusst sind und sensibel mit ihnen umgehen. Das Kind sollte selbst entscheiden, inwieweit es Verantwortung für die Schwester/den Bruder übernehmen will.
Außerdem ist es besonders wichtig, mit dem gesunden Kind über seine Gefühle und Gedanken zu sprechen und es wissen zu lassen, dass es jederzeit mit seinen Eltern darüber reden kann. Es ist auch sehr hilfreich, etwas Besonderes mit dem gesunden Kind zu unternehmen, damit es sich der Liebe der Eltern sicher sein kann. Durch eine so genannte tägliche Qualitätszeit, in der die Mutter oder der Vater Zeit mit dem gesunden Kind allein verbringt, weiß das Kind, dass es sich der ungeteilten Aufmerksamkeit seiner Eltern für eine bestimmte Zeit am Tag sicher sein kann.
Die Eltern machen sich auch Sorgen, wie sie reagieren werden, wenn Freunde der Geschwister fragen, was das AS-Kind hat. Sie denken, sie müssten anstelle des Kindes antworten, um ihm die Verantwortung abzunehmen oder es zu schützen. Kinder sprechen jedoch untereinander die gleiche Sprache und können sich gegenseitig oft besser erklären als die Eltern. Wenn das Kind über die Krankheit seiner Schwester/seines Bruders informiert ist, weiß es, wie es mit den Fragen seiner Mitmenschen umgehen muss.